Schweineseminar Wiedemar
Am 23. September 2025 fand in Wiedemar bei Leipzig das von BAT Agrar, Agrovision und Topigs Norsvin organisierte Seminar für Schweinehalter statt, das sich einem Thema widmete, das in der modernen Landwirtschaft oft unterschätzt wird. Dabei nimmt es doch eine entscheidende Schlüsselposition für den Betriebserfolg ein: „Personalmanagement: Wie führe ich Betrieb und Team erfolgreich in die Zukunft?“

Drei hochkarätige Referenten, ein erfahrener Coach, ein Manager eines internationalen Familienunternehmens und ein Praktiker aus Irland, beleuchteten das Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. Das Ergebnis: ein Nachmittag voller Inspiration, Praxisnähe und Denkanstöße, der den rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sicherlich im Gedächtnis bleiben dürfte.
Führung als Schlüssel zum Erfolg – Martin Averbeck

Den Auftakt machte Martin Averbeck von averbeck-consulting+training aus Osnabrück. Als ausgebildeter Trainer und Berater mit langjähriger Erfahrung in der Landwirtschaft und im Unternehmenscoaching gilt er als Spezialist für Strategie-, Führungs- und Teamentwicklung.
In seinem Vortrag mit dem Titel „Kompetente Führungskräfte als Erfolgsfaktor“ stellte er klar: In einer Zeit, in der Fachkräfte knapp sind und die Arbeitswelt immer komplexer wird, hängt der Erfolg eines Unternehmens in erster Linie von den Menschen ab, die es führen. „Der Unternehmenserfolg ist das Ergebnis erfolgreicher Führungsarbeit“, brachte er es auf den Punkt.
Averbeck machte deutlich, dass Führungskräfte heute eine Doppelrolle einnehmen: Sie sind einerseits verantwortlich für Ergebnisse und Kennzahlen, andererseits für die Entwicklung und Motivation ihrer Mitarbeitenden. Besonders eindrücklich war seine Darstellung der Kernaufgaben einer Führungskraft: begeistern, inspirieren, mitnehmen, Entscheidungen treffen – und dabei stets Verlässlichkeit und Klarheit ausstrahlen.
Ein Schwerpunkt seines Vortrags lag auf der Frage, wie Mitarbeiterzufriedenheit entsteht. Sie ergibt sich, so Averbeck, aus dem Verhältnis zwischen Erwartungen und erlebter Realität. Wer als Führungskraft Versprechen abgibt, muss diese einlösen – sonst verlieren Mitarbeitende Vertrauen und Orientierung.
Mit anschaulichen Modellen erklärte er die Entwicklung von Teams – von der „Kuschelgruppe“ über konfliktreiche Phasen bis hin zum High-Performance-Team, das sich durch gegenseitiges Vertrauen, Offenheit und eine klare Rollenteilung auszeichnet. Um dies zu erreichen, braucht es ein bewusstes Vorgehen: Selbstreflexion, Kommunikations- und Feedbackkultur, Konfliktmanagement und die Fähigkeit, Mitarbeitende gezielt zu entwickeln.
Zum Abschluss stellte Averbeck ein dreistufiges Entwicklungsprogramm für Führungskräfte vor:
- Phase 1: Fundament legen – Rollenverständnis schaffen, Selbstreflexion fördern, Basiswerkzeuge erlernen (Kommunikation, Delegation, Feedback).
- Phase 2: Kompetenzen ausbauen – Anwendung im Alltag, Training on the Job, Coaching und Peer Learning.
- Phase 3: Reife entwickeln – Führungskräfte als Kulturträger, Multiplikatoren und Vorbilder.
Sein Fazit: „Nur wenn wir Führung aktiv gestalten, werden Betriebe dauerhaft erfolgreich und attraktiv für die Menschen, die in ihnen arbeiten.“
Personalentwicklung als Wachstumsmotor – Jan Oosterveld, Betriebsleiter der Van Asten Group
Der zweite Vortrag führte die Zuhörer mitten hinein in die Welt eines internationalen Familienunternehmens. Jan Oosterveld, Standortleiter der Van Asten Group an zwei Standorten in Thüringen, präsentierte eindrucksvoll, wie ein moderner Schweinehaltungsbetrieb mit fast 50 Jahren Geschichte die Themen Nachhaltigkeit, Innovation und Mitarbeiterentwicklung miteinander verbindet.
Oosterveld, 56 Jahre alt, Familienvater von drei Kindern und Großvater eines Enkels, ist seit 2017 Teil der Van Asten Group. Das Unternehmen, gegründet 1974 in den Niederlanden und seit 1997 auch in Deutschland aktiv, beschäftigt rund 200 Mitarbeitende und wird in zweiter Generation von Roland, Marko und Monique van Asten geführt.

Die Kernwerte des Unternehmens – Familie, Innovation, Integrität, Leidenschaft und Transparenz – spiegeln sich in allen Bereichen wider. Oosterveld beschrieb die Mission der Van Asten Group so: „Wir wollen gemeinsam mit unseren Partnern einen nachhaltigen Beitrag zur Lebensmittelversorgung für die nächste Generation leisten.“
Mit den präsentierten Zahlen unterstreichen diese Aussage: Am Standort Neumark betreibt die Van Asten Group eine Sauenanlage mit 5.000 Sauen, dazu ein Flatdeck mit 24.000 Plätzen und eine eigene Jungsauenaufzucht mit 3.200 Tieren. Ergänzt wird die Tierhaltung durch Biogas- und Photovoltaikanlagen, die nicht nur den eigenen Energiebedarf decken, sondern auch ins Netz einspeisen. „Wir sind Nettolieferant für grüne Energie“, betonte Oosterveld.
Ein zentrales Thema seines Vortrags war das Mitarbeiterkonzept. „Unser Trumpf sind unsere Mitarbeitenden“, so Oosterveld. Mit klaren Strukturen, offenen Kommunikationswegen und einer konsequenten Weiterbildungsstrategie schaffe das Unternehmen ein Umfeld, in dem persönliche und fachliche Entwicklung möglich sei. Dazu gehören:
- Ein Farbsystem für jeden Teil der Produktion (Bekleidung und Equipment), das Übersicht und höchste Biosicherheit schafft.
- Protokolle für Arbeitsprozesse, die Nachvollziehbarkeit und Qualität sichern.
- Digitale Tools wie PigExpert und Weda, die Datenmanagement und Fütterung modernisieren.
- Regelmäßige Mitarbeitergespräche mit klaren Entwicklungsplänen und Feedback.
- Integration durch Sprachkurse, gemeinsame Aktivitäten und kulturelle Vielfalt im Team.
Auch beim Thema Tierwohl und Innovation entwickelt sich die van Asten Group kontinuierlich weiter: zusätzliche Fensterflächen, rohfaserreiches Beschäftigungsmaterial, Forschungsprojekte zu Geruchsreduktion oder Eiweißfermentation sowie enge Zusammenarbeit mit Universitäten. Die erreichten Leistungsdaten untermauern den Erfolg dieses ganzheitlichen Ansatzes:
- 90 % Abferkelrate,
- 33,5 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr,
- 460 g tägliche Zunahmen im Flatdeck bei einer Futterverwertung von 1,7 und eine
- niedrige Ferkelverluste von unter 2 %.
Jan Oosterveld zieht aus seinem Vortrag ein klares Fazit: „Struktur und klare Regelungen schaffen Sicherheit und machen Entwicklung möglich. Nur wenn Mitarbeitende klare Prozesse und Werte erleben, können sie wachsen, und damit das Unternehmen mit ihnen.“
Impulse aus Irland: Paul Tully berichtet aus seinem Betrieb auf der grünen Insel
Den krönenden Abschluss des Nachmittags lieferte der irische Schweinehalter Paul Tully, der offen und praxisnah über die Erfahrungen auf seinen Betrieben berichtete.

Tully bewirtschaftet zusammen mit seiner Familie zwei Sauenbetriebe im Süden Irlands mit insgesamt rund 1.200 Sauen sowie angeschlossener Mast. Dabei zeigte er, dass es in der Praxis längst nicht nur um Technik und Zahlen geht, sondern auch um Menschen: „Wir sind zwar gut besetzt, aber viele Mitarbeitende bringen gerade zu Beginn wenig praktische Erfahrung mit. Das fordert uns im Alltag immer wieder heraus und stellt spezielle Ansprüche an die Führungskräfte. Also vor allem auch an mich.“
Besonders intensiv setzt Tully sich mit den Daten und Ergebnissen seiner Fütterung auseinander: Schon seit über zehn Jahren setzt er nicht auf fertiges Mischfutter, sondern auf eine eigene, flexible Futterstrategie mit Vertragsmischungen, eigenem Transport und klaren, längerfristigen Einkaufsmodellen. Der Blick auf Margen statt nur auf Kosten sei entscheidend, so Tully. Ein Gedanke, der viele Teilnehmende zum Nachdenken brachte. Mit einem klar strukturierten Impfprogramm, strenger Hygiene und dem Verzicht auf Zink und Medikamente im Ferkelbereich verfolgt Tully ein zukunftsorientiertes Gesundheitsmanagement.
Die Leistungszahlen:
- über 33 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr,
- tägliche Zunahmen bei den Absetzferkeln von 500–550 g,
- Mastschweine mit bis zu 1.044 g Tageszunahmen und einem Muskelfleischanteil von rund 59 Prozent.
Ganz bodenständig gab Tully auch einen Einblick in seine Zukunftspläne: Der Bau eines neuen Maststalles für 3.000 Tiere ist in Vorbereitung. Die Frage der Nachfolge bleibt offen, doch er zeigte sich optimistisch, dass die nächste Generation von seinen Erfahrungen profitieren kann. Der Vortrag machte deutlich: Erfolg in der Schweinehaltung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis aus klarer Strategie, konsequentem Management und dem Mut, neue Wege zu gehen. Viele der anwesenden Landwirte nahmen Impulse mit, die sich direkt auf ihre eigenen Betriebe übertragen lassen.
Personalmanagement: Ein vielschichtiges, großes Ganzes
Die drei Vorträge ergänzten sich zu einem Gesamtbild, das sich in den Köpfen der Teilnehmenden zu einem stimmigen Bild zusammensetzte: Martin Averbeck zeigte, wie Führungskräfte durch Klarheit, Verbindlichkeit und Begeisterungsfähigkeit die Basis für erfolgreiche Betriebe schaffen. Jan Oosterveld belegte am Beispiel der Van Asten Group, dass nachhaltige, klare Strukturen, Innovation und eine konsequente Mitarbeiterentwicklung die Grundlage für Spitzenleistungen sind. Paul Tully brachte mit seinen praktischen Einblicken die Perspektive eines Familienbetriebs ein und machte deutlich, dass auch im Kleinen mit Weitsicht und Mut große Erfolge möglich sind. Am Ende stand die Erkenntnis: Erfolg in der Schweinehaltung von morgen bedeutet, Technik, Tiergesundheit und Zahlen mit Führung, Verantwortung und Menschlichkeit zu verbinden.
Dank und Ausblick
Zum Abschluss der Veranstaltung sprachen die Organisatoren ihren besonderen Dank an die drei Referenten Martin Averbeck, Jan Oosterveld und Paul Tully aus. Mit ihren unterschiedlichen Perspektiven, von der Führungsentwicklung über die Organisationskultur bis hin zu praxisnahen Einblicken in den Betriebsalltag, haben sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wertvolle Impulse für die eigene Arbeit mitgegeben.
Die Resonanz der Teilnehmenden hat gezeigt: Der Austausch über Führung, Personalmanagement und zukunftsfähige Strukturen ist für die Betriebe mindestens genauso wichtig wie technische Innovationen. Deshalb ist bereits jetzt eine Fortsetzung der Seminarreihe im Jahr 2026 geplant. Dann mit neuen Themen, weiteren Praxisbeispielen und der gleichen klaren Zielsetzung: Schweinehalterinnen und Schweinehaltern konkrete Ansätze an die Hand zu geben, wie sie ihre Betriebe erfolgreich in die Zukunft führen können.