Neues KI-Modell zur Berechnung der Schlachtkörperteilstücke 

Wenn ein Eber in den Teststationen von Topigs Norsvin per CT gescannt wird, werden die Bilder sofort in eine Cloud hochgeladen. Mit einem neuen KI-Modell können dann die unterschiedlichen Teilstücke des Schlachtkörpers berechnet werden, was zu weiterer Beschleunigung des genetischen Fortschritts führt.

Artikel von: Øyvind Nordbø, Wissenschaftler

Das neue KI-Lernmodell ist ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Zuchtprogramme in Bezug auf die Schlachtkörperausbeute und die besonders wertvolle Teilstücke der Schweine, sowie zur Anpassung der Schweinegenetik an die Anforderungen der verschiedenen Märkte.

Im Jahr 2008 wurde bei Norsvin ein CT-Scanner für die Eber-Teststation angeschafft, damit auch an den lebenden Ebern der Schlachtkörper und die Verteilung der wertgebenden Fleischstücke bewertet werden konnte. Anfänglich wurde die Analyse der CT-Bilder größtenteils manuell durchgeführt, indem auf den Bildern eingezeichnet wurde, wo der Querschnitt zwischen den Organen und der Brust-/Bauchhöhle verlaufen sollte. Darüber hinaus wurde eine weitere automatische Analyse des Schlachtkörpers anhand der Graustufen auf den CT-Bildern durchgeführt (Abb.1a), um zu ermitteln, wie die Verteilung von Knochen, Fett und Muskeln im Schlachtkörper gestaltet ist. Das brachte für die Zucht entscheidende Verbesserungen im Vergleich zum vorher angewendeten Halbgeschwistertest.

Abbildung 1: CT-Bilder, a) ohne Segmentierung, b) segmentiert mit einem früheren automatisierten Lernmodell, c) mit manuell korrigierten Segmentierungen, die zum Trainieren des Lernmodells verwendet wurden. Rosa ist die Lende, blau die Eingeweide, grün der Bauch und türkis Schinken/Bein. In c) haben wir auch eine zusätzliche Kategorie für die Trage (in orange). 

Automatisierte Datenerfassung und künstliche Intelligenz  

2016 wurde die stärker automatisierte „Atlas“-Methode zur Analyse von CT-Bildern entwickelt. Dieses Modell konnte nicht nur automatisch den Querschnitt zwischen den Eingeweiden und der Bauchhöhle in 3D erstellen, sondern auch das CT-Bild in die Schnitte Schinken/Bein, Schulter, Kopf, Bauch und Lende unterteilen. Dies war ein großer Schritt auf dem Weg zur vollständigen Automatisierung. Nachteil der Methode war allerdings der extrem hohe Energiebedarf des Systems. Selbst ein zu dieser Zeit maximal leistungsstarker Computer brauchte eine halbe Stunde, um die Teilstücke eines einzelnen Tieres zu berechnen. 

Die KI-Technik hat sich seit 2015 rasant weiterentwickelt, und Topigs Norsvin hat relativ schnell festgestellt, dass die neuen KI-Techniken viel effektivere Routinen haben, als die bekannten Vorgängermodelle. Die Methoden laufen vollständig automatisch, benötigen aber einen großen Datensatz mit kommentierten Daten. Der Kommentar der Daten gibt dem System eine Zusammenfassung dessen, was das Modell für maschinelles Lernen leisten soll. 

In diesem speziellen Fall gab es bereits einen gut geeigneten Datensatz mit Segmentierungen (s. Faktenbox) aus dem Atlas-Modell, dass für das Training der KI verwendet werden konnte.

FAKTENBOX 
Was sind Segmentierungen?  

Segmentierung ist eine Methode, die es ermöglicht herauszufinden, welche Pixel eines Bildes zu einer bestimmen Kategorie gehören.
Im letzten Modell für automatisiertes Lernen bei der Zuordnung von Teilstücken des Schlachtkörpers gibt es neun Kategorien: Hintergrund, Trage, auf der das Schwein abgelegt ist, Eingeweide, Kopf, Lende, Bauch, Schulter, Schinken/Bein, und Hoden (Geschlechts-organe). 

Im Jahr 2020 konnte dann das erste maschinelle Erkennungsprogramm für die Erkennung der Schlachtkörperzusammensetzung in Betrieb genommen werden. Dieses Modell umfasste die Daten aller in den letzten drei Jahren durch das CT gescannten Eber im Testzentrum Delta Canada.

Neues Rechenmodell

Topigs Norsvin hat im Jahr 2022 damit begonnen, das maschinelle Lernmodell neu zu trainieren. Damit sollten die mittlerweile ermittelten Schwachstellen des alten Modells ausgebessert werden. Fehler passierten vor allem bei der Unterscheidung von Hoden und Darm, und in einigen Fällen wurde auch die Trage, auf der das Schwein während der Untersuchung abgelegt wird, in den Schlachtkörper mit einberechnet (Abb.1b). 

Die manuelle Segmentierung ist eine monotone und vor allem zeitraubende Arbeit, so dass Topigs Norsvin hier nicht komplett am Anfang angesetzt hat, sondern die Segmentierungen des alten Lernmodells dazu genutzt hat, Korrekturen vorzunehmen und das Modell zu verbessern.

Kopf, Lende, Schulter und Schinken/Beine waren bereits relativ gut segmentiert, während neue Skizzen der Umrisse von Hoden, Eingeweiden und der Trage manuell in ein digitales Zeichenprogramm eingegeben wurden (Abb.1c).

Diese Informationen wurden dann verwendet, um das Modell neu zu trainieren. Das geschah in einem sich schrittweise wiederholenden Prozess, der als aktives Lernen bezeichnet wird. Dann wurden einige Segmentierungen für noch unbekannte Tiere vorhergesagt, um diese dann manuell auf ihre Genauigkeit zu überprüfen und hier abermals die Fehler zu korrigieren. So wuchs der zugrundeliegende Datensatz kontinuierlich, bis ein Modell von ausreichend guter Qualität dabei herauskam. In diesem Modell sind alle 60.000 Tiere verarbeitet, die von 2011 bis heute gescannt wurden.

FAKTENBOX
Was ist maschinelles Lernen?
 
Maschinelles Lernen ist ein Sammelbegriff für verschiedene Methoden zur Entwicklung einer wahrscheinlich eintreffenden Vorhersage. Im Regelfall erhält der Computer dazu einen Beispieldatensatz und eine Lösungsinterpretation dieses Datensatzes. 
Zusätzlich benötigt man ein Modell mit trainierbaren Datenparametern, so dass ein Muster zwischen Daten und Lösungen erkennbar wird. Mit diesen Beispieldaten kann man das Modell daraufhin trainieren, am Ende ein Vorhersagemodell zu entwickeln.

 Qualitätsziele

Die Qualität eines KI-Modells kann auf viele Arten berechnet werden. Für das Segmentierungsmodell des Schlachtkörpers kann es aus dem Prozentsatz der Pixel berechnet werden, die im Verhältnis zur Lösung richtig eingeordnet worden sind. Einige Schweine aus früheren Versuchsreihen sind im Nachgang geschlachtet worden, und an diesen Schlachtkörpern ließ sich ermitteln, wie gut die Vorhersage durch die KI dann mit der tatsächlichen Schlachtkörperausbeute und -verteilung übereinstimmt. 

Zudem kann eine genetische Analyse auf Schlachtkörpermerkmale durchgeführt werden, um zu sehen, wie hoch die Heritabilitäten, d.h. die Erblichkeit dieser Merkmale, sind. Haben die Merkmale höhere Heritabilitäten, d.h. ihre Ausprägung ist in höherem Maße von der Genetik des Tieres abhängig, ist nur ein geringerer Teil des Merkmals mit Umgebungsparametern verbunden, und die Genauigkeit der KI-Prognose wird damit besser. Es stellte sich heraus, dass die Heritabilität für Schulter-, Bauch und Schinkenteilstücke am Schwein zunimmt. Für die insgesamte Schlachtkörperausbeute bleibt er in etwa konstant, während die Erblichkeit für die Teilstücke der Lende im Vergleich zum vorherigen Rechenmodell abgenommen hat.

Ein leistungsfähigeres Werkzeug

Das neue KI-Modell ist hoch leistungsfähiges Instrument zur Verbesserung der Zuchtprogramme der Genetik von Topigs Norsvin, dass das alte Modell nach Jahren der gewinnbringenden Nutzung vollständig ablöst. Neben der Verbesserung der Analyse des Schlachtkörpers hat das neue Modell auch wichtige Erkenntnisse darüber gebracht, wie man die Entwicklung eines KI-Modells sinnvoll vorantreiben kann. Diese Erfahrung kann nun bei der Entwicklung von KI-Modellen zur Analyse von Skelett-, Herz- und Lungengesundheit bei Schweinen weiterhelfen.


Neues Test- und Innovationszentrum Delta Norwegen

In diesem Jahr wird in Norwegen ein neues Hightech Test- und Innovationszentrum eröffnet. Delta Norwegen hat eine jährliche Testkapazität von 5.000 jungen Ebern der Norsvin Landrasse (L-Linie) und TN Duroc.

Neue technische Lösungen und Infrastrukturen für eine groß angelegte Datenerfassung werden das Zuchtprogramm dieser Rassen erheblich voranbringen. Neben der tierindividuellen Erfassung der Futteraufnahme und des Gewichtszustands wird der umfassende Einsatz von Sensoren, Kameras und künstlicher Intelligenz es möglich machen, die Schweine durchgängig zu überwachen und Veränderungen in ihrer Umgebung und ihrem Verhalten zu registrieren.

Der Bau von Delta Norwegen wird im Juni 2024 abgeschlossen sein, die ersten Tiere sollen dann im Juli 2024 einziehen.

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