Für deutsche Ferkelerzeuger und Mäster steigen zwar momentan die Preise – doch viele Entwicklungen bleiben weiterhin ungewiss
Viele Fragen beschäftigen die deutschen Schweinehalter momentan. Vor allem das weiterhin schwer einzuschätzende politische Vorgehen der verantwortlichen Ministerien macht jede Planungssicherheit zunichte. Nach der erfolgreichen Auftaktveranstaltung im September 2022 in Cloppenburg diskutierten die Schippers Group, die Deutsche Tiernahrung Cremer und Topigs-Norsvin mit rund 70 geladenen Gästen abermals um Zukunftsperspektiven in der Schweinehaltung. Und wie der Titel der Podiumsdiskussion schon vermuten lässt, wurde für die Gäste ein besonderer Art gewählt: Es ging in den Münsteraner Allwetterzoo. Den Auftakt der Veranstaltung machten drei kurze Vorträge zu den Themen Fütterung, Zucht und Hygiene in der Schweinehaltung. Kristina Stärk (deuka) referierte über das Potential im Futtertrog, das für eine wirtschaftliche Mast Beachtung finden muss. Was moderne Genetik zu einer ökonomisch erfolgreichen Mast beitragen kann, erklärte Stefanie Nuphaus (Topigs) den Zuhörern, bevor Henrike Freitag (Schippers) erläuterte, dass die Hygiene im Stall einen entscheidenden Einfluss auf die Ausschöpfung des genetischen Potentials der Tiere hat.
Quo vadis, Tierhaltungskennzeichnungsgesetz?
In der nun folgenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von Carolin Jücker als Ressortleiterin Schwein der TopAgrar debattierten Rudolf Borghoff von der Landwirtschaftskammer NRW, Dr. Haiko Hofmann vom Bundesverband Rind & Schwein e.V., Dr. Martina Oetjen von der Westfleisch SCE, Hendrik Arkenberg von der Brand Qualitätsfleisch GmbH und als praktischer Landwirt Hermann Fecker aus Walchum sehr intensiv über das, was in den kommenden Monaten auf die Schweinehalter zukommen könnte Sowohl die Auswirkungen des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes als auch die Strategie des Lebensmitteleinzelhandels sind momentan nicht langfristig vorhersehbar. Dazu hat Rudolf Borghoff eine eher abwartende Haltung: „„Ich rate Ihnen, nehmen Sie momentan keine großen Investitionen in die Hand zum Erreichen von höheren Haltungsstufen wie 3 oder 4. Warten Sie die Entwicklungen ab.“ Zu den Ankündigungen eines Discounters, bis 2030 nur noch Frischfleisch der Haltungsstufen 3 oder 4 in den Regalen liegen zu haben, meint Dr. Martina Oetjen: „Hier müssen wir abwarten, inwiefern eine Ankündigung, die immerhin bis ins Jahr 2030 reicht, am Ende auch umgesetzt wird. Hier gilt es, nicht vorschnell zu agieren.“
5 x D für die deutsche Ferkelerzeugung
Eng mit dem Thema des Tierhaltungskennzeichnungsgesetz verbunden ist auch die Frage einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung. Hierzu konnte Dr. Haiko Hofmann Einblicke in die Vorhaben der Politik geben: „Das Ministerium unterstützt die Forderung nach einer Herkunftskennzeichnung für Ferkel und würde hier auch eine EU-einheitliche Lösung präferieren. Diese scheint aber momentan nicht umsetzbar zu sein. Daher wird prognostiziert, dass eine deutsche Regelung zur Herkunftskennzeichnung bis Ende des Jahres kommt.“ Ob 5 x D und eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung aber auch ein Rettungsanker für die deutschen Ferkelerzeuger darstellt, bleibt unklar. Dr. Hofmann ermutigt aber das Plenum: „Die Bedeutung und Wertschätzung von 5 x D durch den Verbraucher ist bis jetzt unklar. Aber wenn wir diesen Weg nicht gehen und die Chance nicht nutzen und es probieren, werden wir es auch nie herausfinden.“
Und wer zahlt die Zeche?
Die Frage, mit der in diesem, wie in vielen anderen Zusammenhängen, eben alles steht und fällt ist die finanzielle Entlohnung für die immer weiter steigenden Anforderungen. Hier sind viele politische Ansätze und Förderungskonzepte für die Praxis noch nicht gedanklich komplett ausgereift. Henrik Arkenberg setzt in seinem Unternehmen auf ein verbindliches und vertrauliches Verhältnis zu den Abnehmern: „Wir setzten auf Offenheit und eine kurzvertragliche Bindung. Der Endkunde fragt bei uns ein Angebot mit Preis an und sichert uns dann seine Abnahme zu. Wir haben zum Beispiel auch Endkunden, denen geht nur um ein schmackhaftes, hochqualitatives Stück Schweinefleisch und den Preis, der dafür aufgerufen wird. Die nehmen keine weitere Deklaration der Haltung vor. Daher denke ich persönlich nicht, dass wir in Deutschland in der Zukunft flächendeckend Haltungsstufe 4 vorfinden werden.“ Ähnlich sieht auch Rudolf Borghoff die Entwicklung: „Ich denke auch in Zukunft werden in Deutschland Schweine in großen, konventionellen Betrieben gehalten werden. Eine Lösung für die momentane Situation kann mehr Diversität und Veränderung sein, man muss wieder über eine breitere Aufstellung über mehrere Betriebszweige nachdenken. Der Landwirt ist ein Unternehmer und muss die Entscheidungen treffen, die den Betrieb ökonomisch rentabel halten.“
Die fünf Teilnehmer der Podiumsdiskussion nutzen unter der Leitung von Carolin Jücker die Zeit ausführlich, um auf die zahlreichen Fragen aus dem Publikum einzugehen. Dies zeigt, dass die Suche nach Lösungen für die momentan unsichere Situation auch in den Köpfen der Schweinehalter unentwegt vorangeht. Trotz dieser Unwägbarkeiten gab die Veranstaltung einen positiven Ausblick auf die Zukunft und zeigte motivierte Menschen, die in ihren Positionen mit vollem Elan an der Zukunftsfähigkeit der Schweinehaltung mitwirken möchten.
Um den geladenen Gästen noch einen anderen Blickwinkel auf Tierhaltung zu ermöglichen, schloss die Veranstaltung mit einem abendlichen Rundgang durch den Münsteraner Allwetterzoo mit seinen exotischen Tierarten. Auch hier kamen seitens der Gäste viele Frage zur Haltung und Fütterung von Giraffe, Elefant, Pinguin und Co, die von den geschulten Zooführern ausführlich beantwortet werden konnten. Und damit niemand nach dem langen Tag hungrig nach Hause Fahren musste, gab es ein abschließendes gemeinsames Essen im Elefantenhaus, bei dem dann aber doch wieder Schweine das Geschehen auf dem Grill bestimmten.